Mit einem Winterchorlager in der Jugenderholungsstätte „Stern“ sollte unser Chor im Februar 1991 auf die kommenden Herausforderungen – das Frühlingsprogramm und insbesondere die Aufführung des „Struwwelpeter“, der von Tilo Medek vertonten Kindergeschichten Hansgeorg Stengels, vorbereitet werden. Auf dem „Stern“ war allerdings wieder einmal die Heizung defekt, weshalb das Chorlager zu einer Probenwoche in der Jenaer Philharmonie degradiert wurde. Verbissen übten die Knaben am „Struwwelpeter“, der aufgrund seiner gewöhnungsbedürftigen, modernen Tonsprache eine echte Schwierigkeit darstellte.
Unser erstes Frühlingskonzert, noch ohne dieses Stück, fand am 1. März im Orlamünder Rathaus statt. Das Lied „Guten Abend, gute Nacht“ für Knabensolo mit Männerchor begann unser Solist mal eben einige Töne höher als vorgesehen. Unser Chorleiter Jürgen Puschbeck wiederholte daraufhin den Anfang des Stückes, eine Notlösung, auf die er nur sehr selten zurückgreift. Damit konnte er die in der Erwartung kommender Töne leidvoll und ängstlich dreinblickenden ersten Tenöre spürbar erleichtern. Zu unserem Familien- und Jugendkonzert am 17. März führten wir erstmals den „Struwwelpeter“, zusammen mit einigen Frühlingsliedern, auf. Die Knaben konnten das neue Stück trotz redlichen Bemühens jedoch noch nicht in guter Qualität meistern.
Am 25. April 1991 verstarb unsere langjährige Stimmbildnerin und Betreuerin Liebhild Machnik an Krebs. Für viele von uns stellte ihr Tod einen Schicksalsschlag dar, denn sie hatte uns nicht nur mit viel Feingefühl in die Welt der Musik eingeführt, sondern war aufgrund ihres Einfühlungsvermögens und ihrer menschlichen Wärme für uns auch Ansprechpartner in jeder schwierigen Situation gewesen. Die Erinnerung an sie lebt deshalb in vielen von uns auf Dauer weiter.
Frau Machnik-Archivaufnahme von 1984
Nach der Mitwirkung unserer Männerstimmen in „Rhapsodie für Alt – Solo, Männerchor und Orchester“ von Johannes Brahms am 23. Mai vereinte die zwei Tage später stattfindende musikalische Vesper in der Friedenskirche wieder den ganzen Chor und damit auch die ganze überschüssige Energie unserer Knaben in einem relativ schlechten Konzert. Viel höher war da die Aufmerksamkeit am 1. Juni in Eisenberg, wo nicht Jürgen Puschbeck, sondern sein Schüler Christoph Peter vor uns stand, um sein Diplomkonzert zu geben. Ein gutes Konzert gaben wir auch am 23. Juni in der Lobedaer Peterskirche, zu dem extra unsere Hedemünder Quartiereltern angereist waren, um kurz danach ohne offiziell organisiertes Treffen wieder abzureisen.
Die zweite Aufführung des „Struwwelpeter“ am 6. Juli im Saal der Philharmonie sollte zu einer Selbstinszenierung des Komponisten Tilo Medek werden, der uns erfolgreich motivierte, indem er uns eine Belgien – Tournee in Aussicht stellte, die allerdings nie zustandekam.
Im Juli verbrachten wir erneut ein Chorlager in Schneeberg, wobei wir uns hauptsächlich der Einstudierung der Motette „Jesu, meine Freude“ von Johann Sebastian Bach widmeten. Aber auch der obligatorische Besuch auf der Puschbeckschen „Farm“ und eine verregnete Fahrt ins Bad (es blieb bei der Fahrt) gehörten zum Programm. Mit einem gelungenen Konzert in St. Wolfgang zu Schneeberg beendeten wir das Chorlager.
Im September begaben wir uns zweimal auf die Suche nach den kleinsten Kirchen in Jenas Umgebung. Unsere Busfahrer suchten lange und fanden schließlich Hirschroda und Nerkewitz als ideale Objekte für zwei mäßige Konzerte, die vom zwar leicht abzählbaren aber umso begeisterungsfähigeren Publikum sehr gut aufgenommen wurden. Besser, sowohl bezüglich Zuschauerzahl als auch Qualität waren da die Auftritte in Drackendorf und Frauenprießnitz.
Jetzt widmeten wir uns der Einstudierung des Weihnachtsprogrammes. Dieses sollte bei unserer Erzgebirgsfahrt vom 6. bis 8. Dezember sechsmal aufgeführt werden. Das erste Konzert in Sosa begann sehr kurzfristig, nämlich fünf Minuten vor der Ankunft unserer Busse und war von entsprechender Qualität. Am darauffolgenden Samstag besuchten wir das Schneeberger Lichtelfest und sangen in der festlich geschmückten St. Wolfgangskirche, sowie danach in Neustädtel, wo, nach Aussage des Pfarrers, nach dem Konzert in Büchsen für unseren Chor gesammelt wurde. Der mit drei Konzerten (Weißbach, Mülsen St. Jakob, Albernau) völlig ausgebuchte Sonntag beendete diese Fahrt.
Jubiläumsbild 1991
Es folgten einige kleinere Auftritte: ein Konzert in Bad Berka, die Mitgestaltung der Weihnachtsfeier der OTEV, die Mitwirkung der Männerstimmen an der Aufführung von Arthur Honeggers „Une Cantate de Noël“ und die Eröffnung der Goethestraße, welche für viele von uns ohne Sichtkontakt zum Dirigenten verlief. Der 22. Dezember begann mit einem Fototermin vor und im Volkshaus. Um 15 Uhr begann dann unser Jubiläumskonzert zum 15jährigen Bestehen, in dem unter anderem die Motette „Jesu, meine Freude“ erklang. Die Scheinwerfer und die geschlossenen Fenster im Volkshaus leisteten Rekordarbeit: 18 Knaben konnten durch diese Kombination von Grill und Sauna dazu bewogen werden, vorzeitig die Bühne zu verlassen. Als das trotzdem sehr gute Konzert verklungen war, gingen wir zum gemütlichen Teil über – unserer Weihnachtsfeier, organisiert von Monika Feesche und einigen Männerstimmen, womit dieses Chorjahr ausklang.