1981

Das Jahr 1981, das zunächst den 3. Knabenchorfasching in Orlamünde brachte, wurde zu einem ganz besonders aktiven und erfolgreichen Jahr.

In den Winterferien besuchte eine Gruppe von Sängerknaben den Anklamer Knabenchor in dessen Chorlager in Ilmenau. Dieser kleine Knabenchor verfügte schon über eine längere Chorerfahrung und arbeitete unter Leitung seines Gründers Wilfried Scheffler recht professionell, wovon sich die Besucher aus Jena überzeugen konnten. Eine Zusammenarbeit mit diesem Chor wurde eingeleitet.

Kantatenabend 1981 im Volkshaus

Kantatenabend 1981 im Volkshaus

So konnten zum Kantaten – Abend am 15. April im Jenaer Volkshaus auch Gäste aus Anklam unter den Zuhörern begrüßt werden. Die Sängerknaben aus Anklam besichtigten die Stadt Jena und erlebten dann besagtes Konzert, zu dem die Kantaten „Bleib bei uns, denn es will Abend werden“ BWV 6,“ „Mer han en neue Oberkeet“ (Bauernkantate) BWV 212 und „Wachet auf, ruft uns die Stimme“ BWV 140 von Johann Sebastian Bach aufgeführt wurden. Solisten waren Gisela Burkhardt-Mühlbach, Sopran (Dresden), Christiane Götz, Alt (Magdeburg), Ekkehard Wagner, Tenor (Leipzig) und Johannes Künzel, Baß (Halle). Michael Pezenburg leitete das Philharmonische Orchester. Der Knabenchor fand mit diesem ersten eigenständigen chorsinfonischen Konzert die Anerkennung des Konzertpublikums.

Einen Monat später wurden die Kantaten BWV 6 und BWV 140 in der Klosterkirche Thalbürgel ein weiteres Mal aufgeführt, wieder vor vollbesetztem Kirchenraum und bei festlichem Kerzenschein.

Am 8.Juni war der Knabenchor gemeinsam mit Kinder- und Jugendchören auf dem Marktplatz in Gera anläßlich eines Konzertes zum Pfingstreffen der FDJ zu hören.

Absoluter Höhepunkt im Chorleben wurde dann die Reise des Knabenchores vom 19. – 24. Juni in die Sowjetunion nach Pskow. 61 Knaben- und 29 Männerstimmen fuhren mit zwei Bussen am 19. Juni nach Berlin – Schönefeld, von wo dann mit einer TU 154 nach Leningrad gestartet wurde. Nach der Landung in Leningrad ging es wieder mit Bussen in das ca. 300 km entfernte Pskow. Die Tage dort waren voller Erlebnisse und Eindrücke von der außerordentlichen Gastfreundschaft, die den Jenaern überall begegnete. Auftritte hat es in drei Kinderferienlagern gegeben. Dort wurden auch die künstlerischen Darbietungen, vor allem die schwindelerregenden Tänze bestaunt, die die russischen Kinder vorführten. Einen festlichen Auftritt gab es noch in einem Kulturhaus in Pskow, wo wiederum auch ein Programm für die Jenaer Gäste gestaltet wurde. Viele Sehenswürdigkeiten in der Umgebung wurden besichtigt, der Kreml von Pskow wurde bei einer Stadtführung bestaunt. Außerdem fand eine Fahrt auf dem Pskower See statt. Die Tage vergingen wie im Fluge und werden zu einem bleibenden Erlebnis für alle Beteiligten. Die Rückfahrt ging wieder mit Bussen nach Leningrad und von dort per Flugzeug nach Berlin – Schönefeld vonstatten. Busse brachten den Knabenchor dann auch wieder nach Jena zurück. Jeder hatte etliche Souvenirs im Gepäck, manche hatten einige gesundheitliche Problemchen wegen des ungewohnten Essens noch nicht ganz überwunden, aber alle haben unzählbare Eindrücke von dem großen Land und seinen Bewohnern mitgebracht.

Die nahen Sommerferien brachten dem Knabenchor dann das erste und langersehnte Chorlager, das der Leiter des Anklamer Knabenchores, Wilfried Scheffler, in Rossin, einem kleinen Dorf bei Anklam, für die Jenaer organisiert hatte. Es war ja nicht leicht, einem so großen Chor (zu diesem Zeitpunkt etwa 120 Mitglieder) ein passendes Objekt zu besorgen. Das 14tägige Chorlager war für die Chorgemeinschaft und für das musikalische Weiterkommen des Chores sehr wichtig. Man konnte sich hier besser kennenlernen, auch bei viel Sport, Spiel und Spaß. Es wurden zahlreiche Ausflüge unternommen, es gab einen „Tag der Überraschungen“, den Wilfried Scheffler mit seinen Chorknaben maßgeblich organisiert hat. In geselligen Runden saß man abends unter der Dorflinde zusammen und pflegte das Volksliedgut – lernte aber auch das lustige „Milchbarlied“, das Pezi einstudierte und das später immer mal wieder hervorgeholt wurde. Dabei begann das Chorlager vor allem musikalisch mit einem herben Rückschlag, als der Jenaer Knabenchor bei einem Schloßkonzert in Neetzow bei Anklam eine katastrophale Vorstellung gab, die vor allem einem Konzertbesucher starke Sorgenfalten auf die Stirn trieben: Prof. Kammersänger Siegfried Lorenz. Dieser international profilierte Sänger war damals der Chorpate des Anklamer Knabenchores. Er hatte vor, im September mit den Anklamer und den Jenaer Sängerknaben in Rostock und Greifswald zwei Bach – Kantaten – Konzerte zu bestreiten. Bis dahin war also noch viel zu tun.

Die Grundlagen dazu wurden im Chorlager in Rossin gelegt, wo Siegfried Lorenz auch selbst Proben leitete, in denen äußerste Disziplin und Konzentration gefragt waren.

Im September fanden dann die Konzerte in der riesigen Rostocker Marienkirche und im Theater Greifswald statt. Zu den Kantaten BWV 6 und BWV 140 wurde noch die Kantate „Sei Lob und Ehr dem höchsten Gut“ BWV 117 einstudiert. Diese drei Kantaten wurden zunächst noch in Anklam geprobt – Siegfried Lorenz leitete die Proben, ebenso die öffentliche Generalprobe mit Solisten und dem Kammerorchester der Komischen Oper Berlin in Anklam. Die Konzerte an den beiden folgenden Tagen wurden zu einem großen Erfolg, so daß selbst der strenge Kammersänger große Worte des Lobes für die Sängerknaben fand.

Nun stand das 5jährige Gründungsjubiläum des Knabenchores der Jenaer Philharmonie im Vordergrund, das am 3.Dezember mit einem großen Knabenchor – Sonderkonzert begangen werden sollte.

Jubiläumskonzert 1981 im Volkshaus

Jubiläumskonzert 1981 im Volkshaus

Das A – cappella – Programm mit einigen Liedern mit Klavierbegleitung war auch schon in Rossin angelegt worden. Zum Jubiläumskonzert war als Gastchor der Anklamer Knabenchor eingeladen worden, der unter der Leitung von Wilfried Scheffler zu Beginn neun Chorsätze zu Gehör brachte. Dem schlossen sich 13 Chorsätze mit den Jenaer Knaben an. Zur großen Überraschung der Konzertbesucher im restlos ausverkauften Volkshaussaal folgte dann vor der Pause noch das Echo von Orlando di Lasso, wobei der Jenaer Chor auf der Bühne sang, und das Echo durch die Anklamer aus dem Treppenaufgang in den Saal schallte – die Wirkung war großartig, weil niemand sehen konnte, daß die Anklamer während des Jenaer Liedprogramms durchs Foyer zum Treppenaufgang gelangt waren. Nach der Pause kamen Ausschnitte aus dem „Stabat mater“ von Pergolesi und die Eingangschöre der Bach – Kantaten BWV 6 und BWV 140 zu Gehör. Das Philharmonische Orchester Jena wurde von Michael Pezenburg dirigiert. Am Ende des Programmes stand noch der neu einstudierte Eingangschor des Weihnachtsoratoriums BWV 248 von Johann Sebastian Bach, zu dem sich alle Jenaer und Anklamer Sänger auf der Bühne vereinigt hatten. Das begeisterte Publikum forderte „da capo“ und bekam den in der Aufregung von Michael Pezenburg vergessenen Choral der Kantate BWV 140 doch noch zu hören. Nach weiterem anhaltenden Beifall wurde das umjubelte Jubiläumskonzert mit „Guten Abend, gut‘ Nacht“ von Johannes Brahms unter der Leitung von Wilfried Scheffler beendet.

 

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Jubiläumskonzert 1981 im Volkshaus Abschlußbild

Der Knabenchor der Jenaer Philharmonie wurde am Ende des bis dahin großartigsten und erfolgreichsten Jahres seiner Entwicklung als „Hervorragendes Volkskunstkollektiv der DDR“ ausgezeichnet.